Functional Training ist in aller Munde. Kaum ein Fitnessstudio mehr, das nicht zumindest ein paar Optionen für funktionales Training abseits klassischer Hanteln und Trainingsgeräte anbietet und auch Personal Trainier müssen sich zunehmend mit dem Thema auseinandersetzen. So scheint es zumindest. Doch ist Functional Training wirklich schon im Breitensport angekommen? Beginnt gar ein ganz neues Trainingszeitalter? Oder handelt es sich bei Functional Training nach wie vor um eine Randerscheinung im Therapieumfeld? Wir haben namhafte Experten im deutschsprachigen Raum befragt und Ihre Meinungen und Erfahrungen in diesem Artikel zusammengefasst.
Functional Training: „Das Training der Zukunft“
Der Großteil der befragten Experten ist sich einig: Functional Training ist bei der Masse der Fitnessbegeisterten angekommen. Phil Anker, Personal Trainer in Tirol, ortet seit Jahren einen Functional-Training-Hype. Gleichzeitig gibt er zu bedenken, dass die beliebte Trainingsform gar nicht so neu ist, wie sie gerne von der Fitnessindustrie verkauft wird. Schließlich gäbe es Hinweise darauf, dass beispielsweise schon vor 300 Jahren mit den im Functional Training beliebten Kettlebells trainiert worden wäre. Phil Anker selbst setzt seit Beginn seiner Trainer-Laufbahn auf funktionale Übungen.
Tino Gäding von SHENTISPORTS in Bonn lässt sich selbstbewusst gar zu einer Prognose hinreißen: „Functional Training ist kein Trend, sondern das Training der Zukunft.“
Reinhard Filzmoser sieht noch großes Entwicklungspotenzial für Functional Training. Er leitet das Therapie- und Trainingszentrum (TTZ) in Linz. Nach seiner Erfahrung wissen „von zehn Neukunden sieben bis acht nicht einmal was eine Faszienrolle ist, geschweige denn, was unter Functional Training zu verstehen ist“. Reinhard, der auf den Spitznamen „Fitti“ hört, arbeitet häufig mit Ärzten zusammen, die ihn immer wieder an ihre Patienten weiterempfehlen. Die Mediziner haben erst durch ihn von Functional Training erfahren und sind durchwegs begeistert.
Stetige Entwicklung von Functional Training
Als Marina Le Grand vor fünf Jahren mit ihren Boot Camps in München angefangen hat, wussten nur wenige, was Functional Training überhaupt ist. „Innerhalb der letzten zwei bis drei Jahre konnte ich aber einen großen Anstieg der Nachfrage beobachten, weil die Kunden den Nutzen dieser Trainingsform erkannt haben“, sagt Marina.
Daniel Piller vom Maru Dojo Bern geht davon aus, dass Functional Training in den nächsten Jahren noch um zahlreiche Facetten aus Therapie und Training erweitert wird. Er wünscht sich, „dass die Trainierenden ihre Zeit sinnvoll und effizient einsetzen um Verletzungen vorzubeugen und um ihre persönliche Leistung zu steigern“.
„Wahrscheinlich ist der Hype mittlerweile in jedem Wohnzimmer angekommen – und das ist gut so!“ Daniel Tobaben ist Gründer des KB Gyms in Hamburg. Klassische Trainingsgeräte sucht man in seinem Studio, das er in einer Lagerhalle gebaut hat, aber vergeblich. Stattdessen arbeitet er mit Hilfe von Functional Training an der Verbesserung der sportartspezifischen Leistungen von Football- und Rugbyspielern, Basketballern, Kampfsportlern sowie Gewichthebern und Strongmen.
Gerätetraining ist nicht mehr gefragt
„Die Betreiber herkömmlicher Fitnessstudios erkennen, dass sie mit reinem Gerätetraining ihre Kunden nicht mehr zufrieden stellen können“, sagt Malte Gertenbach vom FIT Sportclub in Kiel und kritisiert die teilweise mangelhafte Betreuung in Einrichtungen, die nicht auf Functional Training spezialisiert sind. Den Trend zu alltagsrelevanten Trainingsformen erkennt auch er: „Mittlerweile ist es sehr angesagt funktionell zu trainieren. Auch der Community-Gedanke, also das gemeinschaftliche Training in der Gruppe, spielt dabei eine große Rolle.“
„Noch viel Luft nach oben“
Unterdessen ist man bei aerobis in Köln der Meinung, dass Functional Training noch nicht ganz bei der breiten Masse angekommen ist. Fabien Mpouma meint, dass es einfach Zeit braucht, eine neue Trainingsphilosophie zu etablieren. Erst recht dann, wenn sie so breitgefächert und komplex ist wie Functional Training. Allerdings ist er sich sicher, dass es sich bei Functional Training um keinen kurzlebigen Fitnesstrend handelt: „Dafür gibt es das schon zu lange. Auch auf der FIBO ist zu beobachten, dass Hersteller und Anbieter dieses Trainingsbereiches immer mehr Platz – ja sogar ganze Hallen – einnehmen.“
Obwohl Sascha Zotter in seinem myallFit Athletic-Studio nahe Stuttgart größeren Zulauf verzeichnet denkt auch er: „Es ist noch viel Luft nach oben.“ Er streicht die Wichtigkeit guter Betreuung hervor und schwärmt vom Team-Push-Effekt beim Training in Kleingruppen.
Functional Training in der Rehabilitation – Ein umstrittenes Thema
Häufig hört man, Functional Training wäre aus der Physiotherapie entstanden. Dementsprechend wir diese Trainingsform oft mit Rehabilitation in Verbindung gebracht. Rainer Hermann von BodyCROSS rät aber davon ab, „Functional Training im kommerziellen Verständnis“ mit Rehabilitation gleichzusetzen. Er sieht in der „buchstäblichen Überschwemmung des Fitnessmarkts mit Functional-Training-Angeboten„ den Grund für eine wachsende Unsicherheit in Bezug auf diese Trainingsform. Schließlich könne man von Triggerpunkt- und Faszientraining bis hin zu olympischem Gewichtheben und Hindernisläufen alles als Functional Training bezeichnen. Generell sieht Rainer die Zielgruppe von Functional Training in sport- und gesundheitsorientierten Menschen, die Willens sind, „auch einmal außerhalb der Komfortzone zu trainieren“.
Birgit „Bibi“ Tölderer-Pekarek ist Physiotherapeutin sowie professionelle Freeride-Snowboarderin. Im Loft41 in Innsbruck bietet sie seit Jahren funktionales Training an. Auch sie tut sich schwer damit, eine eindeutige Definition von Functional Training zu finden. Sie spricht sich jedoch für zielorientierte Trainingsinhalte mit Schwerpunkten auf der Entwicklung von Mobilität, Stabilität, Kraft und Koordination aus. Hier sieht Birgit auch den Vorteil gegenüber dem stationären Gerätetraining, das sie nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel nach Verletzungen oder bei Trainingsanfängern – als funktional betrachtet. Nicht zuletzt steht für sie aber auch der Spaß am Training im Mittelpunkt. Da hat, wenn es nicht Birgit geht, Functional Training im Vergleich zum klassischen Training im Fitnessstudio klar die Nase vorn. Birgit trainiert selbst immer nach einem funktionellen Konzept: „Für mich ist es sozusagen ein Hobby mir neue Übungen zu überlegen und auszuprobieren.“
Die Frage nach einer eindeutigen Definition für Functional Training hat sich auch schon Martin Guggi gestellt. Er betreibt die Flowing Arts Academy in Klagenfurt und versucht dort Anfängern ein Verständnis für sinnvolles Training zu vermitteln. Nach seiner Philosophie ist nicht jede Trainingsmethode immer für jeden geeignet. Mittels Functional Training trägt er diesem Umstand Rechnung und setzt individuell zugeschnittene Bewegungsabläufe ein.
Auch Wilhelm Scholda, Geschäftsführer bei CrossZone in Wien, rät in Fällen mit eingeschränkter Beweglichkeit und in der Rehabilitation nach Verletzungen statt zum Functional Training zum Training mit Maschinen. So können einzelne Muskeln oder Muskelgruppen gezielt angesprochen werden. Insgesamt empfindet Wilhelm die Entwicklung rund um Functional Training sehr positiv. Weg von der, wie er es nennt, „Hamsterrad-Fitness“.
„Gehirnwäsche durch die Fitnessindustrie“
Till Sukopp ist Sportwissenschaftler und -mediziner. Er findet klare Worte, wenn man ihn nach aktuellen Fitnesstrends fragt: „Die Menschheit wurde durch die Fitnessindustrie einer derartigen Gehirnwäsche unterzogen, dass sie in Kombination mit dem passiven Alltag gar nicht mehr weiß, was natürliche Bewegungsmuster sind und wie man diese funktionell trainiert.“ Deshalb rät Till auch ganz klar vom Training mit Maschinen ab: „Die Natur wollte, dass wir uns frei, sicher und stabil im freien Raum als körperliche Einheit bewegen können und so sollte das Training auch größtenteils aufgebaut sein.“
Functional Training: Von der Fußball-WM zur Massenbewegung
Felix Felder, zuständig für die sportwissenschaftliche Konzeption bei Original Bootcamp in Köln, sieht eine kommende Functional-Training-Massenbewegung. Diesen Erfolg schreibt er vor allem Functional Trainer Marc Verstegen zu, der durch seine Arbeit mit der deutschen Fußballnationalmannschaft während der Vorbereitung auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 erstmals die Neugierde für diese Trainingsform in der breiten Öffentlichkeit geweckt hat. In der Folge wüssten mittlerweile mehr Leute über im Functional Training verwurzelte Trainingsmethoden wie TRX & Schlingentraining oder HIIT (High Intensity Interval Training) Bescheid. Auch Bodyweight-Übungen ohne Geräte erlebten eine Renaissance und „so gut wie jedes Fitnessstudio springt auf den Trend auf und stellt seinen Mitgliedern eine freie Trainingsfläche mit funktional zugeschnittenen Trainingsgeräten zur Verfügung“. Neben dem Dienstleistungsangebot mit Schwerpunkt Functional Training würde auch die Medienberichterstattung zum Thema laut Felix beständig wachsen. Außerdem kämen neue Trainingsmöglichkeiten, zum Beispiel Fitness-Apps wie Freeletics, auf den Markt.
Schlechter Ruf durch mangelnde Betreuung
Auch Trainer Jens Pilkahn aus Nordrhein-Westfalen hat bemerkt, dass Fitnessstudios vermehrt Möglichkeiten für Functional Training bieten. Er kritisiert aber, dass nicht immer qualifizierte Trainer zur Verfügung stehen um Interessierte fachgerecht einzuweisen. Jens macht sich Sorgen, dass dadurch Verletzungen auftreten und Functional Training infolgedessen einen schlechten Ruf bekommt.
Grundlagen für effektives Functional Training schaffen
Die befragten Experten sind sich durchwegs einig: Bevor man sich beim Functional Training steigert, sollte man erst einmal eine solide, körperliche Grundlage schaffen. Deshalb beginnen beispielsweise Phil Anker und Reinhard „Fitti“ Filzmoser das Training mit neuen Kunden immer mit dem Functional Movement Screen (FMS). So erkennen sie Mobilitätsdefizite und können das Training entsprechend anpassen, um diese auszugleichen. Das Verbesserungspotenzial ist oft größer, als man vielleicht denken würde. „Wenige Menschen können zum Beispiel eine saubere Kniebeuge machen“, sagt Fabien Mpouma.
Ist einmal eine Basis geschaffen, arbeiten die Experten an der Technik grundlegender Bewegungsmuster. Besonderer Fokus liegt dabei zumeist auf Übungen, die Knie und Hüften fordern, sowie auf Zug- und Drückübungen. Diese Grundlagen sind essenziell, denn, wie Felix Felder sagt, „erst wenn die einzelnen Bewegungsmuster sauber ausgeführt werden können, machen Progressionen (beispielsweise in Form von Zusatzgewichten oder einbeiniger Ausführung) Sinn“. Felix hat außerdem festgestellt, dass der Schwierigkeitsgrad der angewandten Übungen das eigentliche Ausgangslevel der Trainierenden oft um ein Vielfaches übersteigt. Mangelnde Technik oder Kraft würden infolgedessen zu Ausweichbewegungen, unzureichendem Bewegungsumfang oder gar zu Belastungen der Gelenke führen.
Auch Birgit „Bibi“ Tölderer-Pekarek spricht sich für einen Fokus aufs Wesentliche aus: „Wenn ich gewisse Grundübungen nicht richtig ausführen kann, sollte ich nicht auch noch Gewichte darauf setzen oder komplexere Bewegungsmuster daraus machen. Das schadet meinem Körper eventuell mehr als es ihm nützt.“ Damit schließt sie sich mit ihrer Meinung amerikanischen Functional-Training-Experten wie Gray Cook an, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen.
Anfänger-Fehler beim Functional Training vermeiden
„Wer beim Functional Training zu schnell an die Leistungsgrenze geht, ohne zuvor eine stabile Basis geschaffen zu haben, potenziert das Verletzungsrisiko“, weiß Rainer Hermann. Jens Pilkahn plädiert dafür, aufbauend zu trainieren, von einfachen hin zu komplexen Übungen sowie von langsamer zu explosiver Ausführung. Andernfalls könne es bei Übungen wie beispielsweise dem Kettlebell-Swing zu zahlreichen Fehlern kommen. Fehlende Körperspannung ist laut Jens dabei oft ein Problem.
Auch Phil Anker streicht hervor, dass es besonders wichtig ist, „eine gute Rumpfstabilität zu entwickeln, da diese die Grundvoraussetzung für das weitere Training ist“. Wilhelm Scholda ortet die meisten Fehler „in der Ansteuerung der Muskeln und in der Mobilität“. Reinhard „Fitti“ Filzmoser sieht die Verantwortung zur Fehlervermeidung auch bei den Trainern, denn „wenn man als Trainer zu viele Tools und komplexe Übungen in das Konzept einbaut überfordert man den Kunden leicht“.
Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Training wird von Till Sukopp hervorgehoben: „Die richtige Atmung in Ruhe und unter Belastung wird leider nur sehr selten beachtet. Dadurch limitieren sich viele Menschen und schaden im schlimmsten Fall sogar ihrer Gesundheit.“ Außerdem hat Till die Erfahrung gemacht, dass sich die meisten Anfänger überschätzen und so ihr Verletzungsrisiko steigern.
Daniel Piller stimmt seinen Kollegen zu. Auch für ihn gilt: „Qualtität vor Quantität!“ Mit seinen Kunden arbeitet er gezielt an der Verbesserung von primären Bewegungsmustern. „Nur dann gelingt die Performance und man bleibt vor Verletzungen weitgehend verschont.“
Grundlagentraining hat Vorrang
„80 % der neuen Teilnehmer machen keine korrekte Kniebeuge.“ Zu diesem schockierenden Schluss kommt Sascha Zotter. Deshalb durchlaufen Trainingsanfänger bei ihm ein Grundlagentraining, in dem Mobilität und Stabilität überprüft werden. Danach richtet Sascha sein Training gezielt auf die Wünsche seiner Kunden aus. Die Palette der Trainingsziele reicht dabei von Abnehmen, über Ausdauersteigerung bis hin zum Kraft- und Muskelaufbau. Er kritisiert, dass sich Anfänger nicht immer die Zeit nehmen wollen, um die korrekte Ausführung mancher Übungen zu perfektionieren. Klare Worte findet Sascha auch für so manchen Konkurrenten: „Wer eine Kettlebell ins Studio stellt ohne die Trainierenden einzuweisen, begeht aus meiner Sicht Körperverletzung.“
Das Team um Malte Gertenbach stellt einfache Übungen mit Kettlebells und Basisübungen wie Kniebeugen, Ausfallschritte und Unterarmstützvariationen an den Anfang jeder Trainingsbetreuung. Denn: „Zu Beginn ist es am wichtigsten die Techniken der Basisübungen sicher zu erlernen.“ Malte streicht die Wichtigkeit professioneller Betreuung hervor: „Häufig wird im funktionellen Bereich leider einfach drauf los trainiert, da die Übungen auf den ersten Blick einfach aussehen. Da aber mehrdimensional trainiert wird, ist die Gefahr Haltungsfehler zu begehen deutlich höher als beim gerätegestützten Training.“
Marina Le Grand sieht das genauso und ergänzt: „Der häufigste Fehler ist, dass die Leute zu schnell durchstarten wollen und Basics überspringen. Also noch mal: Geduld und Fleiß!“
Alle Macht dem Core
Entgegen dem Anschein, dass beim Functional Training dem Rumpf- oder Core-Training große Bedeutung beigemessen wird, halten sich die meisten der befragten Experten dazu bedeckt. Daniel Tobaben spricht das Thema an: „Natürlich darf der Core nicht in Vergessenheit geraten und kann gerne mit sinnvollen Bewegungsabläufen trainiert werden.“ Gleichzeitig warnt er: „Häufig liegt ein derart extremer Fokus auf dem Core-Training, sodass andere Bereiche, die auch große Aufmerksamkeit verdient haben, in Vergessenheit geraten.“
Functional Training ist auch für Fortgeschrittene eine Herausforderung
Ein gutes Trainingssystem zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus, dass auch Fortgeschrittene immer wieder neue Reize setzen können. Doch Phil Anker warnt: „Selbst bei Fortgeschrittenen stellt man immer wieder suboptimale Bewegungsabläufe und vor allem Mobilitätsdefizite fest.“ Wie es scheint kann man gar nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, die Trainingsgrundlagen zu festigen, bevor man sich an schwierigere Übungen wagt.
Hat man die Grundlagen schließlich gemeistert steht harten Trainingseinheiten nichts mehr im Weg. Reinhard „Fitti“ Filzmosers erfahrene Trainingskunden „lieben das Functional Training und schätzen, dass es auch zu Hause leicht durchführbar ist.“ Der Weg zum fortgeschrittenen Trainierenden braucht zweifellos seine Zeit, aber Reinhard ergänzt: „Es macht Spaß, wenn man es mal begriffen hat.“
Birgit „Bibi“ Tölderer-Pekarek unterscheidet nicht zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen, wenn es um potenzielle Fehler geht. Beide Gruppen würden laut Birgit in dieselben Fallen tappen. Diese sind laut ihrer Erfahrung zumeist übertriebener Ehrgeiz, fehlende Selbsteinschätzung oder schlechtes Bewegungsgefühl. Zur Fehlervermeidung gibt Birgit einen Rat: „Es ist oft wichtiger einen Schritt zurück zu gehen, Übungen exakt und langsamer auszuführen. Das ist nicht nur schwieriger, sondern auch effizienter und langfristig gesünder.“
Functional Training für alle
Nicht jede Sportart begeistert alle Mensch gleichermaßen. Gleichzeitig ist auch nicht jede Trainingsmethode für jedermann geeignet. Die befragten Experten begrüßen teilweise recht unterschiedliche Zielgruppen bei ihren Workouts. So gibt es beispielsweise in Rainer Hermanns BodyCROSS-Einheiten eine Alterspanne von 17 bis 65 Jahren. Davon sind ungefähr 70 Prozent Frauen. „Das liegt wahrscheinlich an dem Grundgedanken des Gruppentrainings. Hier haben Männer wohl immer noch ein Problem mitzumachen“, meint Rainer.
Birgit „Bibi“ Tölderer-Pekarek hebt die positiven Motivationsaspekte des Gruppentrainings hervor, betont aber, dass eine halbwegs homogene Gruppe wichtig sei. Für den Fall, dass sich die Trainingslevels der Teilnehmer doch einmal unterscheiden, hat Birgit auch eine Lösung parat: „Jeder kann auf seinem Niveau Gas geben, indem er die Frequenz steigert oder reduziert. Das funktioniert vor allem im Rahmen eines Zirkeltrainings hervorragend.“
Nach Malte Gertenbachs Erfahrung spricht Functional Training jede Altersgruppe an, „weil es alle sportlichen Facetten abdeckt und für jedes Leistungsniveau angepasst werden kann“. Während Profisportler meistens auf die eigene Sportart ausgerichtet trainieren, „gibt es auch im Breitensport immer mehr Leute, die Functional Training wie eine Sportart betrachten und jedes mal aufs Neue die Herausforderung suchen“.
Funktionale Übungen im Personal Training
Allerdings wird Functional Training nicht ausschließlich in der Gruppe trainiert. Phil Anker betreut zwar fallweise auch Kleingruppen, bietet aber genauso Personal Trainings an. Sowohl Anfänger als auch Spitzensportler zählen zu seinen Kunden. Dabei unterscheiden sich die Ziele der Trainierenden: „Jeder Mensch definiert seine Ziele anders. Für den Athlet kann das sein, seine Maximalkraft zu steigern, für den Hobby-Functional-Warrior kann das sein, seinen Körper zu definieren.“ Laut Phil hätten die Trainierenden selbst in der Hand, wie lange sie brauchen um Ihre Ziele zu erreichen: „Je gewissenhafter jemand an seinen Zielen arbeitet, desto schneller wird er sie erreichen.“
Dem stimmt auch Reinhard „Fitti“ Filzmoser zu. Die Ziele seiner Kunden gehen vom Erhalt der körperlichen Fitness, über Schmerzfreiheit bis hin zur Leistungsoptimierung. „Wie schnell ein Ziel erreicht werden kann ist unterschiedlich. Manchmal ist es verblüffend, dass innerhalb von zwei bis vier Trainingseinheiten erste Erfolge spürbar und zum Beispiel Schmerzen praktisch wie weggeblasen sind“, sagt Reinhard.
Auch Marina Le Grand hat die Erfahrung gemacht, dass Schmerzen bei ihren Kunden oft schon nach nur wenigen Trainingseinheiten verschwunden sind. Zu Marinas Boot Camps kommen häufig Leute mit Rückenschmerzen. Außerdem begrüßt sie Menschen, die Ihren Körper optisch in Bestform bringen und beweglicher machen wollen: „Mit guter Disziplin kann man in nur drei bis vier Monaten bereits deutliche Veränderungen feststellen.“
Für alle, die mehr möchten, als nur alltagsfit zu sein und vielleicht sogar Spitzenleistungen in einer bestimmten Sportart anstreben, hat Daniel Tobaben eine Empfehlung: „Wer tatsächlich ein sportspezifisches Ziel anstrebt, sollte einen Personal Trainer buchen, um seine individuellen Ziele konkret anzugehen.“
Gesundheit steht im Vordergrund
Zu Felix Felders Trainingseinheiten kommen in erster Linie gesundheitsorientierte Sportler. Diese seien laut Felix zwar auch daran interessiert, ihr Leistungspotential zu steigern und ihren Körper nach ästhetischen Merkmalen zu optimieren, würden diese Ziele aber nicht zu Lasten ihrer Beweglichkeit oder der Funktionalität einzelner Gelenke in den Vordergrund rücken.
Intelligentes und nachhaltiges Training schreibt sich Daniel Piller auf die Fahnen und spricht damit sowohl bereits sportlich aktive Personen, als auch Neueinsteiger an. Selbstverständlich kommt dabei aber der Spaß am Training auch nicht zu kurz.
Zurück zur Natur mit Functional Training
Die Ziele der Schützlinge von Till Sukopp gehen über die reine Gesundheitsorientierung hinaus. Rückentraining, Muskelaufbau, Verbesserung der Beweglichkeit, Reduktion von Rücken- und Gelenksschmerzen, Körperfettreduktion, Leistungssteigerung in einer Sportart, Verletzungsprophylaxe und Rehabilitation sind nur eine Auswahl der Gründe, wegen der Tills Kunden ins Training gehen. Er sieht Functional Training als „grundlegende und natürliche Form, die Gesundheit und die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern“ und ergänzt: „Wir haben uns leider so weit von der Natur entfernt, dass wir gar nicht mehr wissen, was normal und natürlich ist“.
Auch Florian Mpouma, dessen Kundschaft tendenziell eher jung ist, ruft dazu auf, sich auf Altbewährtes zu besinnen. Er sieht in Functional Training keine neue Erfindung: „In teilweise anderer Form und unter anderem Namen kennen viele ältere Menschen dieses Trainingsprinzip aus ihrer Schulzeit.“
Functional Training als Ergänzung zu einer Sportart und im Alltag
Daniel Tobaben hält Functional Training sowohl als Ergänzung zu anderen Sportarten, als auch für die Erhaltung und Verbesserung von alltäglichen Bewegungsmustern für geeignet. Tino Gäding meint, „Functional Training spricht jeden an, der seine Gesundheit und Leistung, und damit seine Lebensqualität, verbessern möchte“ und Wilhelm Scholda sieht „Alle die fit werden wollen und nicht gezielt auf ein spezifisches Ziel hin arbeiten“ als typische Zielgruppe für Functional Training. Martin Guggi hat vier Bereiche erkannt, in denen Trainingsziele häufig angesiedelt sind:
- Verletzungsprävention,
- Körperliche Gesundheit,
- Stabilität sowie
- Explosivität, Schnelligkeit & Kraft.
Daniel Piller erinnert daran, dass auch der Spaßfaktor beim Training nicht zu kurz kommen sollte. Seiner Meinung spricht Functional Training Sportler und Trainingsanfänger an, „die intelligent und nachhaltig trainieren wollen und dabei Spaß haben möchten.“
Besondere Relevanz hat Functional Training für Ballsportler, meint Sascha Zotter: „Die funktionellen Übungen unterstützen beispielsweise beim Fußball oder Handball und helfen bei der Weiterentwicklung in der jeweiligen Sportart.“ Dennoch sagt auch Sascha: „Functional Training ist sehr abwechslungsreich und kann grundsätzlich von jedermann durchgeführt werden.“
Mehr Fitness durch Functional Training
Definitionen von „fit“ bzw. „Fitness“ gibt es wie Sand am Meer. Jens Pilkahn versteht darunter eine optimale Kombination aus Ausdauer, Kraft, Koordination und Mobilität. Ergänzend meint er, dass man mit Functional Training unabhängig von der Altersklasse in jedem der genannten Bereiche innerhalb von vier Wochen erste Fortschritte machen könne. Einen Anwendungsbereich von Functional Training hebt Jens besonders hervor: „Vor allem eignet sich funktionelles Training sehr gut zum Fettabbau.“