Faszientraining | Funktionelle und tiefe Frontallinie | Teil 4

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Im letzen Newsfeed startete unsere Artikelreihe zu den myofaszialen Leitbahnen oder, um in der Originalsprache zu bleiben, den Anatomy Trains. Im letzten Artikel warfen wir einen Blick auf die Lateral-,
Spiral- und Armlinien. In diesem Artikel betrachten wir die Funktionellen Linien sowie die tiefe Frontallinie.

Auf unserer Reise durch den menschlichen Körper sind wir schon weit gekommen. Viele der bisher betrachteten Linien übernahmen vornehmlich Stütz und Haltungsfunktionen. Die funktionellen Linien tun das auch, sind aber vor allem für die Stabilisierung in der Bewegung sowie die Bewegung insgesamt relevant. Schauen wir sie uns also einmal an.

Funktionell kommt von Funktion Die Funktionellen Linien ziehen sich als Verlängerung der Armlinien über die Oberfläche des Rumpfes hin auf das gegenüberliegende Becken und von dort aus zum Bein, wobei man die Nennung auch beim Bein beginnen lassen könnte, da die Meridiane in beide Richtungen arbeiten. Dabei kann man eigentlich nicht von einer Funktionellen Linie sprechen, da es sich vielmehr um drei unterschiedlich verlaufende Stränge handelt. Daher wird die Funktionelle Linie in die Funktionelle Rückenlinie, die Funktionelle Frontallinie sowie die Ipsilaterale Funktionelle Linie unterteilt. Die Erstgenannte verläuft über die Vorderseite des Körpers, die Zweite über die Rückseite und die Ipsilaterale Funktionelle Linie verläuft von der Schulter auf die Innenseite des Knies auf der gleichen Seite. Diese Linien werden, wie bereits gesagt, vor allem bei athletischen Bewegungen wie Speerwerfen oder Tennisspielen aktiviert.

Aber bevor wir dazu kommen, schauen wir uns den genauen Verlauf der Linien einmal im Detail an. Den Verlauf der Funktionellen Rückenlinie zeigt Abb. 2. Diese beginnt je nachdem, welche Tätigkeit gerade ausgeführt wird, mit der Oberflächlichen Frontalen Armlinie oder aber mit der Tiefen Rückwärtigen Armlinie. In Abb. 2 beginnt sie am Latissimus dorsi. Von dort aus läuft sie in das oberflächliche Blatt der Fascia sacrolumbalis und verläuft etwa auf Höhe des Übergangs von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein auf die andere Körperseite. Von da aus läuft sie weiter durch die Fascia sacralis in die Fasern des gluteus maximus. Von dort aus geht es weiter zum Femurschaft, die Patella bis hin zur Tuberositas tibiae. Die Funktionelle Frontallinie beginnt etwa an derselben Stelle wie die Funktionelle Rückenlinie und verläuft von dort entlang des Pectoralis major zu dessen Ursprung an den Rippen fünf und sechs. Sie läuft am Innenrand der Obliquus-Faszie entlang, kreuzt durch das Schambein auf die andere Seite des Körpers zur Sehne des Adductor longus und von dort aus in die Linea aspera femoris. Bleibt also nur noch die Ipsila-terale Funktionelle Linie zu betrachten.

Wie die beiden vor ihr betrachteten beginnt sie am Humerusschaft und verläuft an den äußeren Fasern des Latissimus dorsi bis zum Ansatzpunkt an den untersten drei Rippen. Über die starke Verbindung einer Gewebebrücke verbinden sich die Fasern mit dem Obliquus externus abdominis. Von da aus geht es weiter zum vorderen Beckenkamm, an dem sich Teile der Fasern der SIAS mit dem Sartorius verbinden, und von dort aus geht es weiter zum Pes anserinus. Die Funktionellen Linien treten immer als Spiralen im Körper auf und arbeiten auch so.

Nun soll es ein bisschen mehr in die Praxis gehen. Stellen wir uns einen Baseballspieler vor, der den Ball wirft. An diesem Beispiel lässt sich zeigen, wie die Funktionellen Linien aktiviert werden. Bei der Ausholbewegung wird die Funktionelle Rückenlinie verkürzt und die Funktionelle Fronttalline gedehnt, beim Werfen des Balles werden die Funktionen einfach getauscht. Beim vorhin schon genannten Speerwurf verhält es sich ebenso. Wird die Bewegung abgeschlossen, wirkt die Funktionelle Rückenlinie als Bremse, um den Schwung des Armes so zu begrenzen, dass die beteiligten Gelenke nicht verletzt werden. Zumindest über die Dehnung der Funktionellen Frontallinie kann man etwas sagen. Streckt man im Knien einen Arm nach oben hinten und dreht den Rumpf leicht zum erhobenen Arm, spürt man eine Dehnung in der Funktionellen Frontallinie.

Noch ein paar Worte zur Haltungsfunktion der Funktionellen Linien. Zwar ist diese im Stehen vernachlässigbar, da die Zuglinien hauptsächlich durch oberflächliches Gewebe laufen, das im Alltag ständig bewegt wird, was dazu führt, dass sich fasziale Verkürzungen, die zur Aufrechterhaltung des Körpers dienen, nicht ausprägen können. Aber wenn wir mal weg von der neutralen Stehhaltung gehen, dann übernehmen die Funktionellen Linien durchaus wichtige Haltungsfunktionen. Zum Beispiel wenn man mit den Händen über dem Kopf arbeitet, vermitteln diese Zuglinien Stabilität nach oben, oder aber im Yoga, bei Übungen, die über dem Kopf durchgeführt werden. In manchen Fällen, wie z. B. einem Schuss beim Fußball, können sie auch Stabilität in den unteren Extremitäten geben, indem sie ein Gegengewicht zur Bewegung bieten. Die Tiefe Frontallinie Alle Leser können nun aufatmen. Nur noch ein letztes Mal wird es kompliziert, dann haben wir alle anatomischen Zuglinien betrachtet. Den Abschluss macht die Tiefe Frontallinie, die in Abb. 1 dargestellt wird.

Wie das Bild schon zeigt, sieht sie sehr spektakulär aus. Die Tiefe Frontallinie kann als myofasziale Mitte des Körpers bezeichnet werden, da sie in der Frontalebene zwischen der rechten und linken Laterallinie angeordnet ist, in der Sagittalebene zwischen der Oberflächlichen Rückenlinie und der Oberflächlichen Frontallinie und sowohl von den Spiral- als auch den Funktionellen Linien umgeben ist. Auch sie übernimmt wieder Haltungs und Bewegungsfunktionen, die wir uns kurz anschauen wollen, denn in beiden Bereichen übernimmt sie elementare Aufgaben. Ihre Haltungsfunktion übernimmt sie bspw. durch die Anhebung des inneren Fußgewölbes, der Stabilisierung der einzelnen Beinsegmente sowie der Hüfte, Stützung und Stabilisierung der Lendenwirbelsäule von vorne sowie des Brustkorbs, um nur einige zu nennen. Das zeigt aber ebenfalls, dass ein zu hoher Tonus in der Tiefen Frontallinie signifikante Auswirkungen auf den gesamten Körper, insbesondere auf Verkürzungen hat. Ein Beispiel wäre die Verhinderung der vollständigen Öffnung der Hüfte in der Extension.

Ähnlich verhält es sich mit der Bewegungsfunktion. Obwohl die Zuglinie nicht ausschließlich für eine Bewegung zuständig ist, wirkt sie doch auf die meisten Bewegungen des Körpers. Sie übernimmt insbesondere die Funktion eines Vermittlers zwischen dem Skelett und den oberflächlich liegenden anatomischen Zuglinien. Schauen wir uns die Linie im Detail an.

Von unten nach oben Wie so viele andere Linien vor ihr beginnt auch die Tiefe Frontallinie in der Fußsohle. Hinter den Unterschenkelknochen und dem Knie verläuft sie weiter zur Innenseite des Oberschenkels. Man kann diesen Bereich nur schwer ertasten, aber durchaus durch Dehnung erfahren. Vor allem bei der Ausführung einer starken Dorsalflexion und Eversion. Dazu eignen sich zwei Übungen. Zum einen der nach unten schauende Hund aus dem Yoga und das Stellen auf eine Treppe mit dem Ballen, auf den ein Ablassen der Fersen erfolgt. Das Hauptgleis dieser anatomischen Zuglinie zieht sich vom Hüftgelenk und dem Becken über die Lendenwirbelsäule nach oben. Ein alternatives Gleis hierzu verläuft auf der Rückseite des Oberschenkels zum Beckenboden und verbindet sich im Bereich der Lendenwirbelsäule wieder mit dem Hauptgleis. Der Psojas major dient gemeinsam mit dem Diaphragma als Übergangsstelle zum Oberkörper. Vom Diaphragma gibt es drei Möglichkeiten, um weiter durch den Brustkorb in Richtung des Kopfes zu gelangen. Der einfachste Weg ist der obere posteriore Gleisabschnitt der Tiefen Frontallinie. Dieser führt an der Vorderseite der Wirbelkörper hinauf bis hin zur Basis des Okziputs.

Fazit:
Das war es mit den anatomischen Zuglinien des menschlichen Körpers. Im nächsten Heft werfen wir einen genaueren Blick auf die Anatomy Trains im Training und gehen damit vollends in die Praxis. Das bildet dann auch den Abschluss unserer Serie zu den myofaszialen Leitbahnen.

Anatomy Trains | Funktionelle und tiefe Frontallinie

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Vielen Dank an Jonathan Schneidemesser | Bodymedia Chefredakteur